Pflicht

Trapp, trapp, da hör’ ich kleine Füße,
Die die Treppe schnell erklimmen.
Ist wohl meine kleine Süße,
Ich sehe sie, das muss wohl stimmen.

Sie strahlt mich an mit ihren Augen,
Auch der Mund verzerrt sich keck,
Will die Ruhe mir jetzt rauben,
Hilft gar nichts, dass ich mich versteck’.

Am Finger führt sie mich zur Stiege,
Die ich dann herunter geh’,
Wie ich’s breche oder biege,
Ihr Zimmer ist es, was ich seh’.

Sie zieht mich zu den Büchern hin,
Die sie alle innig liebt.
Versteht sie auch nicht ganz den Sinn,
Mag sie, was ein Buch ihr gibt.

Doch lange hält sie keine Seite,
Schnell blättern bis zum nächsten Bild.
Die Welt dort, diese große weite,
Ist das einzige was gilt.

Jetzt werde ich zum Tee geladen,
Aus leeren Tassen schmeckt er toll.
Auch Luftplätzchen können mir nicht schaden,
Und fetten auch nicht ganz so doll.

Schon sitz’ ich neben Teddybär,
Der auch so reich bewirtet wird.
Als ob er nicht aus Plüsch ganz wär’,
Sieht man ihm an, wie sehr er giert.

Die Zeit vergeht so wie im Fluge,
Bin ich in ihrer kleinen Welt.
Hier bin ich dumm, sie ist die Kluge,
Hier bin ich reich auch ohne Geld.

Doch muss ich dies doch noch verdienen,
Ein Blick zur Uhr, für heut’ ist Schluss.
Seh’ ich in ihre und in Teddy’s Mienen,
Bereu’ ich, dass ich gehen muss.

Ich zieh die Uniform schnell an,
Denn es ist schon reichlich spät.
Schade, dass ich nicht bleiben kann,
Was ich wirklich gerne tät'.

Nach einem Kuss zum Abschied geh’ ich,
So schwer mir auch der Abschied fällt.
Ihr Blick quasi verpflichtet mich:
„Kehr’ bloß zurück in meine Welt!“

Für Marie

©Thorsten Trautmann

Rheine, 26.08.2008 

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